Jetzt geht es ums Verkaufen!
Pünktlich zum Start der Frühjahrssaison 2023 trifft das ÖMM Klaus Endres, Country Manager Division Gardens und Mag. Eva Weigl, Leitung Marketing Division Gardena, zum gemeinsamen Gespräch über die Geschäftsentwicklung, geplante Vertriebsstrategien, neue Produktentwicklungen und so manch weiteres spannendes Thema.
ÖMM: Lieber Herr Endres, starten wir unser Gespräch gleich mit den wirtschaftlichen Themen. Wie geht es Gardena? Was können Sie uns zu der allgemeinen Geschäftsentwicklung sagen? Wie hat sich Gardena im Speziellen entwickelt?
Klaus Endres: Wir dürfen auf eine hervorragende Entwicklung zurückblicken. Vor acht Jahren lag der Umsatz noch bei 500 Millionen Euro, 2022 waren es 1,3 Milliarden Euro – er hat sich mehr als verdoppelt! Das Jahr 2022 haben wir mit einem Umsatzplus von 30 % abgeschlossen. Dieses Plus resultiert weniger aus organischen Wachstum, sondern durch den Zukauf von Orbit. In Europa mussten wir auf Grund der Lieferverzögerungen ein Minus verzeichnen.
Für das erste Quartal 2023 stehen die Zahlen noch aus, ich gehe aber davon aus, dass es hinter unseren Erwartungen bleibt. Das Wetter hat nicht mitgespielt. Der März war viel zu kalt. Das Wetter ist immer noch Haupteinflussfaktor unseres Geschäfts. Dazu kommt die Inflation, die zu Kaufzurückhaltung führt. Ich kann die Entwicklung noch nicht richtig einschätzen, wenn es draußen regnet, kauft niemand einen Regner.
Dazu kommt, dass unsere Partner während der Corona-Zeit auf Grund der prekären Liefersituation viele Käufe vorgezogen haben, die Lager sind voll.
ÖMM: Der Corona-Hype mit extrem hoher Nachfrage (und Lieferschwierigkeiten, dazu kommen wir später) scheint nun vorbei und es kommt lt. Wirtschaftsforschern zu einer Stabilisierung des grünen Marktes. Eine Stabilisierung bedeutet Stagnation. In unseren Bereichen ist sogar mit Rückgängen zu rechnen. Wie sehen Sie diese Situation?
Klaus Endres: Ich kann bestätigen, dass 2021 und 2022 absolute Rekordjahre waren. Die Leute waren zu Hause, haben den Garten schön gemacht, sehr viel in das eigene Grün investiert. Man macht aber nicht jedes Jahr den Garten neu. Dazu kommt die Inflation und der Ukrainekrieg, die sich auf die Entwicklung auswirken.
Der Garten als neues Wohnzimmer – dieser Trend wird aber bleiben. Die Leute finden es gut im Garten zu arbeiten, sie legen immer stärker Wert auf Nachhaltigkeit. Heuer wird die Geschäftsentwicklung vielleicht nicht ganz so gut, für 2025 habe ich aber wieder rosige Aussichten. Die Entwicklung des Gartensegments ist von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stark abhängig. Ich bin aber optimistisch, Garteln ist – auch bei jüngeren Generationen – wieder in. Denken wir zum Beispiel an Urban Gardening.
Jetzt muss es endlich los gehen mit dem Frühlingswetter!
Eva Weigl: Die Sehnsucht nach dem eigenen Grün ist ungebrochen. Es entstehen gerade ganz neue Initiativen, gerade in Städten, wo sich die Menschen zum Beispiel ein kleines Fleckchen Grün zum Anbau von Gemüse oder Kräutern mieten können.
ÖMM: Husqvarna, wozu ja auch Gardena gehört, hatte in den vergangenen Jahren (und hat heute immer noch bei vereinzelten Produktgruppen) mit Lieferschwierigkeiten zu kämpfen. Wie sieht es bei Gardena in punkto Lieferfähigkeit aktuell aus? Gibt es noch Probleme?
Wenn ja, wie gehen Sie damit um?
Klaus Endres: Gott sei Dank sind die ganz großen Probleme vom letzten Jahr Vergangenheit. Wir führen über 2.000 Artikel im Produktsortiment, dass da das eine oder andere nicht lieferbar ist, ist klar. Wir standen vor der Herausforderung die Ware gerecht in den Märkten zu verteilen. Die Probleme sind aber vorbei. Jetzt geht es ums Verkaufen – die Ware ist draußen.
ÖMM: Lieferengpässe waren das eine, ein nicht minder herausforderndes Thema war und ist die Preisentwicklung bei den Rohstoffen. Wie sehen Sie die Situation?
Klaus Endres: Ich denke bei den Rohstoffpreisen ist der Peak überschritten. Es gibt sogar wieder Preissenkungen. Wir können davon aber nicht profitieren, da wir mit steigenden Kosten bei Transport und Personal konfrontiert sind. Senkungen können sich da nicht ausgehen.
ÖMM: Heißt das, dass die Preise weiter erhöht werden?
Klaus Endres: Denken Sie nur an die durch die Kollektivverträge stark gestiegenen Personalkosten, dazu die hohen Energiekosten. Das können wir nicht schlucken. Das einzige, was ich in den letzten Jahren gelernt habe ist, dass wir die nichts wissen. Ich möchte mich jetzt nicht zu weit aus dem Fenster lehnen – für 2023 würde ich von moderaten Preissteigerungen ausgehen.
ÖMM: In ÖMM Ausgabe 1 haben wir über die Beteiligung von Bosch an Husqvarna berichtet. Wir erinnern uns: Bosch hat zu Jahresbeginn rund 12 % des Aktienkapitals von Husqvarna erworben, also eine ganze Menge! Was sagt man aus der Sicht von Gardena dazu? Hat der Aktienkauf Auswirkungen, wenn ja, welche?
Klaus Endres: Ich sehe keine Auswirkungen. Bosch hat in die Power for Alliance investiert und unterfüttert die Zusammenarbeit durch die Kapitalbeteiligung. Ich sehe in dieser Allianz die ganz große Zukunft. Das Thema Nachhaltigkeit ist dabei ein wichtiger Aspekt. Für die Kunden ist die Allianz ein großer Vorteil: ein Akku plus die Geräte verschiedenster Anbieter, ich finde das Mega.
ÖMM: Im Interview mit Johannes Viertlmayr (Husqvarna Österreich GF) (zu lesen in ÖMM 1-2023) haben wir ausführlich über die neue Produktlinie Aspire von Husqvarna gesprochen. Aspire ist ja auf der Produktseite eher bei Gardena angesiedelt, als bei Husqvarna. Ist hier eine Form der Kombination angedacht? Hat die Einführung von Aspire Auswirkungen auf das Sortiment von Gardena?
Klaus Endres: Aspire Akkus gehören zur Power for Alliance. Die Auswirkungen sind total positiv. Ich bin dankbar für jeden Kunden, der Power for Alliance kauft. Wir können dadurch auch neue Kunden gewinnen.
Die Produktentwicklung von Husqvarna und Gardena ist völlig getrennt, voneinander unabhängig, Wir verfolgen unterschiedliche Kanalstrategien. Husqvarna will derzeit nicht in Baumärkte gehen, wir beliefern vorrangig Baumärkte, den Lebensmittelhandel, die Großfläche.
Beim Sortiment von Bosch gibt es Überscheidungen, wir sprechen aber den eher leidenschaftlichen Gärtner an, Bosch den technikaffinen. Es kann natürlich zu Kanibalisierungen kommen. Mir ist aber lieber jemand kauft ein Bosch-Gerät, als ein Wettbewerbsprodukt. Ich sehe das überhaupt nicht kritisch. Ich verstehe nicht, warum die Leute die Allianz als Wettbewerb sehen. Hauptsache die Kunden sind im System drinnen – ich hätte gerne noch eine viel größere Produktauswahl in der Allianz – ein Baustellenradio, oder zum Beispiel eine Kaffeemaschine.
ÖMM: Kommen wir noch zum Thema Vertrieb. Die Marke Gardena bedient sowohl den Fachhandel, als auch die Großfläche. Betreuen Sie diese Märkte mit unterschiedlichen Vertriebsstrategien?
Klaus Endres: Wir verfolgen eine True-Omny-Channel-Strategie und sind auch im Lebensmittelhandel, bei Online-Playern wie Amazon, bei Mediamarkt – wir versuchen alle zu beliefern, bis hin zum Diskonter.
ÖMM: Im Konkreten: Was tut Gardena exklusiv für unsere Motoristen und den Fachhandel? Bieten Sie besondere Serviceleistungen, oder Exklusiv-Sortimente? Unterstützen Sie diese Kundengruppen durch Marketingmaßnahmen?
Klaus Endres: Für den Fachhandel bieten wir eigene Aktionen, Material für den POS, Händler Newsletter. Wir haben Ready-to-sell-Displays für Schnelldreher im Fachhandel. Und es gibt einzelne Artikel exklusiv für den Fachhandel, einzelne Roboter zum Beispiel, oder Schlauchwagen mit spezieller Spritze. Der Großteil unserer Kunden sind Fachhändler, dazu zähle ich auch die Lagerhäuser. Das Lagerhaus war jahrelang größter Kunde bei Gartenscheren. Der Fachhandel hat Gardena groß gemacht, wir bieten daher selbstverständlich einen speziellen Support.
Eva Weigl: Bei unseren Marketingaktionen nutzen wir die Möglichkeit ganz spezifisch auf unsere Kunden einzugehen. Wir entwickeln Module, die für das Lagerhaus und den Fachhandel ganz anders aussehen, als jene, die wir dem Baumarkt anbieten. Duch die bereits erwähnten Exklusiv-Sortimente bieten wir dem Fachhandel die Möglichkeit sich zu differenzieren, er wird weniger vergleichbar mit der Großfläche.
ÖMM: Lassen Sie uns zum Schluss noch einen Blick in die Zukunft werfen: Wo sehen Sie Ihre zukünftigen Wachstumsbereiche? In welchem Sektor sehen Sie besonderes großes Potential?
Klaus Endres: Ich sehe zwei große Trends, die Automatisierung im Garten und die Nachhaltigkeit. Für den automatisierten Garten bieten wir Mähroboter und unsere Smart Systeme, bei denen man sogar Wetterdaten einbeziehen kann.
Das Trend zu Nachhaltigkeit ist nicht aufzuhalten und wird noch stärker werden. Wir antworten darauf zum Beispiel mit unserer Eco Line aus recycelten Materialen.
Ein wichtiges Thema ist auch das Wassersparen. Die Ressource Wasser ist knapp und wertvolle, wir als Gardena sind aufgefordert unseren Beitrag zu Ressourcenschonung zu leisten.
ÖMM: Apropos Wasser, sie haben dazu die Bewässerungsprofis ins Leben gerufen, wie steht es um dieses Projekt?
Klaus Endres: Das Projekt ist bei uns on hold. Wir sind mit großem Engagement, Schulungen und Events gestartet, mussten aber feststellen, dass das Interesse der Motoristen nicht sehr groß ist. Die Betriebe sind total ausgelastet, sie haben keine Zeit. Die 3e ist aber Beweis, dass es funktioniert, es ist ja auch wirklich klug. Es würde funktionieren, der Handel ist aber momentan nicht so weit. Da sind wir als Gardena die Bewässerungsprofis und haben niemanden, der es macht. Ich kann mir aber vorstellen, dass es noch explodiert, so wie bei den Mährobotern. Derzeit ist aber kein Personal verfügbar, es mangelt an den Fachkräften. Das Projekt ist, wie schon gesagt, on hold, wir würden es gerne weiterführen.
ÖMM: Und zum Schluss: Was dürfen wir von Gardena in Hinblick auf Produktneu- und -weiterentwicklungen in diesem Jahr erwarten? Sind die kabellosen Mähroboter zum Beispiel ein Thema?
Klaus Endres: Für 2023 ist keine Markteinführung von Roboter ohne Kabel geplant, dieses Segment überlassen wir Husqvarna. Wir beobachten den Markt. Der Endverbraucher ist interessiert, wir sind Innovationsführer. Aber die verfügbaren Lösungen entsprechen nicht den Anforderungen von Gardena, sie sind entweder zu hochpreisig oder zu schlecht. Wir bleiben daher bis auf weiteres bei unseren kabelgebundenen Lösungen. Es ist unsere Aufgabe zu zeigen, dass der Aufwand nicht so groß ist, wie oft angenommen. Aber es wird auch von Gardena etwas kommen! Die Nachfrage von Seiten der Endverbraucher ist da.
Wir werden in diesem Jahr eine neue Pumpe vorstellen, die unheimlich leise arbeitet, dazu Erntehelfer und einen innovativen Indoor-Schlauch. Außerdem werden wir neue Anwendungen für die Power for Alliance in den Markt bringen.
ÖMM: Vielen Dank für das ausführliche Gespräch!
